Neue Selbsthilfegruppe in Herne bietet Austauschmöglichkeiten

Transgender: Im falschen Körper geboren

20. November 2018 | Gesellschaft

Dirk Stahl vom städtischen Bürger-Selbsthilfe-Zentrum ruft nun gemeinsam mit Till Kaiser eine neue Selbsthilfegruppe zum Thema „Transgender“ ins Leben. Eingeladen sind alle: Transmänner und Transfrauen, Angehörige und Freunde, Menschen, die sich über das Thema austauschen möchten.

Till Kaiser hat selbst eine lange Geschichte hinter sich und weiß, wie schwierig es ist, seinen Gedanken und Sorgen zu stellen und die operativen Eingriffe alleine durchzustehen. „Ich war sechs Jahre alt, als das Thema für mich interessant wurde. Da habe ich mich schon mit meinem Spiegelbild unwohl gefühlt“, so der Herner. Anziehsachen habe er gerne von seinen Brüdern oder von seinem Vater ausgeliehen. Puppen und Kleider waren uninteressant, Fußball dafür umso spannender. Als junge Frau in der Disko sei es seltsam gewesen, berichtet er: „Denn wenn mir eine Freundin mal besser gefallen hat, konnte ich es ihr nicht sagen.“ Generell habe die Außenwelt ihn anders wahrgenommen als er sich selbst. Alle haben in ihm Kelly Louise gesehen, aber er hat sich gefühlt wie Till Christian.

  • Till Kaiser wurde als Mädchen geboren. ©Michael Paternoga, Stadt Herne

Im Jahr 2015 begann seine Geschlechtsangleichung. Dafür musste er allerdings noch viel erledigen: Die Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören beispielsweise verschiedene Gutachten, Gespräche mit Psychologen, Termine beim Endokrinologen. Im Februar 2015 hat er dann auch seinen Namen geändert: Aus Kelly Louise wurde Till Christian.

Mittlerweile hat Till Kaiser fast alle Operationen überstanden – eine fehlt noch. Aber schon jetzt fühle er sich richtig gut. Eine große Last sei von ihm gefallen. Diesen langen und schwierigen Prozess habe er ganz alleine bewältigt. Freunde oder Familie haben ihn nicht unterstützt. „Deswegen wünsche ich mir jetzt den Austausch mit anderen. Und ich will zeigen, dass es wichtig ist, dass Familie und Freunde für Transgendermenschen da sind.“ Er wisse, dass es für Angehörige schwer sein muss, die Entscheidung einer Geschlechtsangleichung zu verstehen, aber akzeptieren müsste es jeder. „Ich habe den Weg ganz alleine gemacht. Ich halte viel aus, aber es war trotzdem die Hölle.“

Er sei nun nach wie vor derselbe Mensch, sein Charakter habe sich nicht verändert – nur sein Geschlecht. „Transgender ist keine Krankheit“, appelliert der Herner, der sehr offen über sich und sein Leben spricht. Dass seine eigene Psyche unter dem Leidensdruck gelitten habe, gibt er zu. „Aber dass ich diesen Weg geschafft habe, zeigt mir auch, dass ich stärker geworden bin.“

Wer sich für die Transgender-Selbsthilfegruppe interessiert, kann sich beim Bürger-Selbsthilfe-Zentrum unter Telefon 0 23 23 / 16 36 36 melden oder einfach zum ersten Treffen der Gruppe am Dienstag, 11. Dezember 2018, um 17.30 Uhr im BüZ, Rathausstraße 6, kommen.

Eine Gruppe mit dem Thema Transsexualität "T-MRG - Transsexuell im Mittleren Ruhrgebiet" trifft sich jeden 2. Dienstag im Monat um 19 Uhr im CVJM, Sodinger Straße 3, in Herne.

Anja Gladisch