Ruhrwerk e. V. finanziert Therapeutisches Reiten

Text: Nina-Maria Haupt Fotos: Vera Loitzsch

Ruhig steht Hailey in der Sonne und lässt sich von den Kindern bürsten. Die zwölfjährige Hanna und die sechsjährige Karina putzen das Pferd, säubern die Hufe und legen schließlich den Voltigiergurt auf. Dicht traut sich Karina an das große Tier heran, bürstet über das braune Fell und wird sich später vertrauensvoll auf den Pferderücken legen. Hanna steht dicht an Haileys Kopf und streichelt das irische Sportpferd, während sie leise mit ihm spricht.

Das Pferd hilft zu entspannen
Für beide Mädchen ist dieser sichere Umgang mit dem Pferd nicht selbstverständlich. „Karina musste erstmal Vertrauen aufbauen, weil sie früher etwas Schlimmes erlebt hat. Sie hatte starke Verlustängste und ist in den letzten Jahren viel entspannter geworden“, sagt Pflegemutter Stefanie. Dabei geholfen hat das Therapeutische Reiten, das Karina seit drei Jahren beim Reitverein St. Hubertus in Holthausen übt.

Training für Muskeln und Gleichgewicht
Auch für Hanna, die schon dreieinhalb Jahre reitet, ist die Therapie mit dem Pferd eine große Hilfe. „Hanna hat Trisomie 21. Reiten ist sinnvoll für ihre Motorik und ihre Muskulatur. Für ein Trisomie-21-Kind ist Hanna extrem sportlich. Das hilft ihr auch bei anderen Aufgaben, zum Beispiel hat sie Fahrradfahren gelernt, was nur wenige dieser Kinder können. Ihr Gleichgewichtssinn ist gut trainiert“, erklärt Stefaan Haerinck, Hannas Vater. Das Training fängt schon mit der Pflege des Pferdes an: „Erst begrüße ich Hailey. Dann putze ich sie und dann reiten wir. Ich reite gerne im Galopp und immer mit Helm“, erklärt Hanna. Während Hailey von Trainerin Nadine Kaisereck an der Longe geführt wird, sitzt Hanna auch im Trab sicher auf dem Pferderücken, spürt die Bewegungen und geht geschmeidig mit. Auch Karina kann sich schon sicher auf dem Pferd halten, mit und ohne Festhalten am Voltigiergurt. Abwechselnd reiten die Mädchen, dann bekommen sie einen Würfel, auf dem verschiedene Übungen abgebildet sind. Rückwärts auf dem Pferd sitzen ist das erste, was Karina würfelt. Auch auf dem Pferd liegen traut sie sich. Dann ist Hanna dran mit Würfeln und Reiten. Sie kniet sich hin, streckt ein Bein nach hinten aus und balanciert dabei auf dem Pferderücken. Auch Reiten ohne Festhalten mit ausgestreckten Armen gelingt ihr gut.

Das Pferd akzeptiert die Kinder wie sie sind
„Es geht um Vertrauen: Ein Pferd akzeptiert mich wie ich bin, egal ob ich hören oder sprechen kann. Das Pferd nimmt einen an, die Kinder fühlen sich akzeptiert“, sagt Cordula Klinger-Bischof, die Vorsitzende des Vereins Ruhrwerk e. V.. Der Verein finanziert seit acht Jahren Therapeutisches Reiten. 45 Kinder sind dabei, angefangen von Klassen der Robert-Brauner-Schule und der Schule am Schwalbenweg bis hin zu einzelnen Kindern und kleinen Gruppen. „Den Eltern sind oft nicht die Möglichkeiten gegeben, Reittherapie zu finanzieren, durch den Verein ist das möglich“, erklärt Nadine Kaisereck. Die ausgebildete Reittherapeutin und Sozialpädagogin bietet seit zehn Jahren Reittherapie mit ihren beiden Pferden Hailey und Florian an. Sie trainiert mit Pflegekindern, Integrationskindern und Inklusionskindern. Auch hyperaktive Kinder kommen und werden ruhiger, wenn sie mit dem Tier umgehen. Ihre Therapiepferde hat Kaisereck selbst ausgebildet. „Sie müssen ausgeglichen sein, ruhig im Charakter und nicht schreckhaft. Die Pferde müssen lernen, an der Longe zu gehen, müssen an die Übungen auf ihrem Rücken gewöhnt werden und an die Ringe, Bälle, Hütchen und Tücher, mit denen wir arbeiten“, so Kaisereck. „Wichtig ist auch eine gute Beziehung zwischen Pferd und Trainer. Ich vertraue der Hailey und offensichtlich vertraut sie mir auch.“