Fotografie im Ruhrgebiet

Von Halbstarken, Reklametafeln und Stadtgrenzen

2. Oktober 2018 | Gesellschaft Kultur

Der Wandel im Ruhrgebiet ist eine Konstante. Gerade die Fotografien der letzten Jahrzehnte belegen diese Tatsache eindrucksvoll. Vieles auf den alten Bildern erscheint noch sehr vertraut, gleichzeitig aber auch schon sehr fern. Das Pixelprojekt_Ruhrgebiet, vom Herner Fotografen Peter Liedtke im Jahr 2003 ins Leben gerufen, widmet sich dem fotografischen Gedächtnis dieser Region. Ganz bewusst beziehen die Initiatoren dabei Stellung gegen die nostalgisch bebilderten Potpourris der lokalen und regionalen Marketingabteilungen. Das Pixelprojekt schafft vor allem Aufmerksamkeit durch künstlerische Qualität und fotografische Unabhängigkeit.

  • Die Ausstellung im Wissenschaftspark. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Umso erfreulicher ist es nun, dass gleich drei Serien aus Herne in die digitale Sammlung des Pixelprojekts aufgenommen wurden. Mit Gerd Peters "Herner Halbstarke" (1959) und "Reklametafeln" (1966) von Horst Guth werden zwei ehemalige Stadtfotografen geehrt, mit "Stadtgrenze Herne, 1985" das künstlerische Projekt des ehemaligen Recklinghäuser Museumsdirektors Ferdinand Ulrich.
"Das Pixelprojekt forscht auf visueller Ebene nach der Geschichte dieser Region, und es ist gut, wenn auch die Stadt Herne Teil dieser Erinnerung ist. ", urteilt Stadtfotograf Thomas Schmidt. Mit Gerd Peters wird dabei auch der Gründer des Bildarchivs geehrt, das heute noch existiert. Etwas umfangreicher allerdings. "Zu Peters Zeiten Ende der 1950er Jahre gab es etwa 18.000 Bilder im Archiv, heute sind es eine knappe halbe Million", schmunzelt Schmidt.
Zur Festveranstaltung des Pixelprojekts im Wissenschaftspark Gelsenkirchen erschien auch Sybille Sommer, die Tochter von Gerd Peters. Sie freut sich über die künstlerische Anerkennung der Arbeit ihres Vaters. "Bilder zu machen, war für ihn eine Leidenschaft", sagt sie. Leider hat sie ihren Vater kaum kennengelernt. Nach dem Aufbau des Herner Bildarchivs wurde er Kameramann beim WDR und beim ZDF und verstarb bereits 1964. "An eine Szene kann ich mich erinnern", erzählt Sybille Sommer, "Vater kommt nach einer Reise nach Hause, umarmt meine Mutter, umarmt mich, gibt meiner Mutter den Koffer mit den getragenen Sachen und nimmt ihr einen anderen Koffer mit den frischen aus der Hand und auf ging´s zum nächsten Job."

Das Pixelprojekt_Ruhrgebiet umfasst 496 Fotoserien von insgesamt 304 Fotografinnen und Fotografen mit nahezu 9.500 Einzelbildern.

Siehe: https://www.pixelprojekt-ruhrgebiet.de/

Text: Ralf Piorr / Fotos: Thomas Schmidt