Glosse

Vorteile des Offline-Shoppings

12. Juni 2017 | Gesellschaft

Aber es hilft nichts: einkaufen muss ich. Also stelle ich mich an und beobachte, wie vor mir eine Kundin erstaunlich viel Zeit benötigt, um zwei Artikel zu bezahlen. Endlich hat sie das Geld in der Hand und gleich, gleich kann ich mein Shampoo und das Spülmittel bezahlen und dann schnell zurück ins Büro und auf dem Weg vielleicht doch noch einen Happen… „Entschuldigen Sie“, schiebt sich ein älterer Herr zwischen die Kassiererin und mich, „Können Sie mir sagen, ob das die richtigen Rasierklingen sind, die ich brauche?“ „Ich weiß nicht, welchen Rasierer Sie haben“, antwortet die Kassiererin. „Ja so einen, Moment, der sieht so ähnlich aus… Ich hole den mal… Ja, so. Sind doch die Richtigen, oder?“ „Ja, das steht so drauf.“ „Gut.“ Und anstatt mich endlich bis zur Kasse aufrücken zu lassen, dreht sich der Herr um und erklärt mir: „Entschuldigen Sie bitte. Ich muss das wissen. Nicht, dass ich die falschen Klingen kaufe, dann kann ich ja gar nichts damit anfangen.“ Ich bringe es nicht über mich, den Alten böse anzugucken. „Kein Problem, ich habe Zeit“, schwindele ich. Na klar, Rentner haben es ja immer am eiligsten und die Mittagspause geht bestimmt noch fünf Minuten. Vielleicht kaufe ich demnächst online ein, ohne Warteschlange. Der ältere Herr rückt auf und beginnt nun mit dem Menschen hinter mir ein Gespräch. „Wir kennen uns doch.“ „Klar, ich bin der Nachbar vom Achim.“ „Wie geht es dem Achim?“ „Und der Nachbar vom Hennes.“ „Ach der Hennes! Ist der nicht schon tot?“ „Ja, der Achim ist schon tot. Der Hennes auch, schon lange.“ „Ach so. Dass der Hennes tot ist, das weiß ich. Aber der Achim…“ „Ja, der ist gestorben.“ Das Gespräch wird unfreiwillig komisch. Dieses Extra an Unterhaltung und Information gibt es nur beim Offline-Shopping. Und – schwupps – hat die Kassiererin auch schon meine Waren gescannt, meine Karte eingelesen und hält mir den Kassenbon hin. Ging nun doch schnell. Bestens informiert über Hennes, Achim und die Nachbarschaft verlasse ich den Laden.

Nina-Maria Haupt