Ein Blick in die Luftfahrtgeschichte an der Emscher

Wanne macht den Abflug

6. Mai 2016 | Gesellschaft

Gelegen unmittelbar nördlich der Emscher – unweit des Waldfriedhofs und dem heutigen Abfallkraftwerk RZR Herten. Das Fliegen übte zu dieser Zeit einen anderen Reiz aus, als dies heute der Fall ist, wo der Flug in den Urlaub oder zu einem beruflichen Termin schon lange alltäglich geworden sind. 1912 jedoch lag der erste Motorflug der Brüder Wright gerade einmal neun Jahre zurück. Als mögliche Waffen waren Flugzeuge noch nicht ins Bewusstsein gerückt, der Ausbruch des Ersten Weltkriegs sollte erst gut zwei Jahre nach der Eröffnung folgen.

Flugplatz mit schicker Tribüne

Impulsgeber zum Bau des Platzes war die Landung eines Luftschiffs mit dem epischen Namen Parseval in Wanne im Sommer 1911. Die Städte Herne und die Gemeinden Wanne und Herten sowie Aero-Enthusiasten engagierten sich in der Folge stark für den Flugplatz. Die Rheinisch-Westfälische Flug- und Sportplatzgesellschaft wurde aus der Taufe gehoben, die an der Stadtgrenze ein stattliches Areal für den Flugplatz fand. Was dort aus dem Boden des Emscherwaldes gestampft wurde, konnte sich durchaus sehen lassen. Eine Luftschiffhalle, ein schmuckes Eingangsgebäude, das eine gewisse Ähnlichkeit mit den imposanten Zechenportalen, die in jenen Jahren entstanden, nicht zu scheuen brauchte, sowie eine überdachte Tribüne mit Platz für 1.000 Flugfans. Diese Stätte für die Zuschauer machte Sinn. Denn: Das Fliegen diente in seiner Pionierzeit weniger dem Transport von Fluggästen, sondern war nicht selten eine Schauveranstaltung. Die Menschen kamen, um den waghalsigen Flugkünsten der Piloten zuzuschauen – oder deren Bruchlandungen, von denen mehrere für den Flugplatz dokumentiert sind. Flugprominenz machte in Wanne Station, unter anderem der französische Pilot
Edmond Audebars. Er war der Erste, der von Paris nach Berlin flog. Auf dem Rückweg nutze er den Platz im Ruhrgebiet 1913 für eine Zwischenlandung.

Krieg bedeutet das Aus

Lange währte die Flugherrlichkeit jedoch nicht. Der Erste Weltkrieg rückte die militärische Luftfahrt in den Fokus und die zivile und damit auch den Wanner Flugplatz ins Abseits. Hatten die Betreiber vor dem August 1914 noch davon geträumt, der Einrichtung eine noch größere Bedeutung zu verpassen, machte der Krieg dem Platz den Garaus. 1916, nur vier Jahre nach der Eröffnung, war die Einrichtung nicht mehr zu tragen. Die Betreibergesellschaft ging in Konkurs und ein Landwirt nutzte fortan Fläche und Gebäude. Eine Renaissance erlebte der motorisierte Flugbetrieb in unserer Stadt beziehungsweise an der Stadtgrenze nicht mehr. Die Segelfliegerei jedoch gewann Freunde. In den 1940er Jahren entstand im Hertener Busch ein Segelflugplatz, zu dem es auch die Herner zog und der ebenfalls kriegsbedingt nicht lange existierte. Noch einmal ging es nach dem Zweiten Weltkrieg nach oben. Ab 1955 starteten von einer Fläche unweit des ursprünglichen Flugplatzes Wanne-Herten wieder Segelflugzeuge. Dieses Mal war es kein Krieg, der den Höhenflügen ein Ende setzte. Als für das Steag-Kraftwerk Hochspannungsleitungen errichtet wurden, standen diese einem weiteren Flugbetrieb im Wege. Nur einmal flammte Hoffnung auf, dass es ein Comeback geben würde. Unter dem Namen Heinz-Rühmann International Airport sollte vor wenigen Jahren der Flugplatz Wanne-Herten wieder-
belebt werden – in einem Aprilscherz der Stadt Herne.

Quellen: Unsere Stadt – Bürgerillustrierte der Stadt Herne, Ausgabe 2/1975

Wolfgang Berke: Wanne-Eickel – Das Buch zur Stadt, Essen 2002

wiki.huen-un-perduen.de

Text: Christoph Hüsken / Fotos: Bildarchiv der Stadt Herne