Wie aus der Idee ein Erlebnis wird

31. Juli 2020 | Ausgabe 2021/3

Hinter den Kulissen des LWL-Museums für Archäologie

Im September eröffnet das LWL-Museum für Archäologie die Sonderausstellung über Stonehenge. Fünf Jahre lang haben die Mitarbeitenden, von der Archäologin bis zum Schreiner, an der Ausstellung gearbeitet. Und während im Ausstellungssaal die Steine aufgestellt werden, skizziert die Gestalterin schon die nächste und übernächste Ausstellung.

Millimeterarbeit für die Ausstellung
„Wir machen hier viel Konzeptarbeit und planen. Drei bis vier Jahre arbeiten wir an einer Ausstellung, von der Idee bis zum Feinkonzept. Wir müssen Drittmittel einwerben, Kooperationen schließen, die Gestaltung des Corporate Designs und der Werbung ausschreiben“, erklärt die Leiterin des Museums, Dr. Doreen Mölders. Fast alle großen Ausstellungen erarbeitet das Team aus 37 Mitarbeitenden selbst, nur selten werden Ausstellungen eingekauft, die anderswo entstanden sind.
Ein klassisches Archiv, wo Exponate lagern, gibt es in Herne nicht. „Unser Depot ist in Münster. Hier in Herne ist quasi nur das Schaufenster der LWL-Archäologie in Westfalen. Wir in Herne haben nur einen Lagerraum für die Sonderausstellungen, wenn Objekte aus anderen Museen kommen“, verrät Dr. Mölders. Über eine Rampe werden viele Objekte per LKW angeliefert. Gerade bei großen Gegenständen ist das Millimeterarbeit, sie durch das Rolltor und die Gänge des Kellers zu manövrieren.

„Drei bis vier Jahre arbeiten wir an einer Ausstellung, von der Idee bis zum Feinkonzept“, erklärt Dr. Doreen Mölders.

Im Archiv.

In der Schreinerei.

Postkarten vergangener Ausstellungen.

Ideen, Skizzen, Pläne
Bevor die Ausstellungsstücke in echt ankommen, stehen sie als Modell im Büro von Stefanie Dowidat und Nora Franzmeier. „Die Planung einer Ausstellung ist ein Prozess von Zeichnen, Bauen und auf Gedanken kommen“, beschreibt Dowidat. In einem Skizzenbuch sammeln sie Bilder, Entwürfe, notieren die wesentlichen Konzeptgedanken. Dann basteln sie ein Pappmodell, überlegen, wo welches Exponat stehen kann und wie man Informationen am interessantesten darstellt. Das ist nicht nur eine optische, sondern auch eine inhaltliche Frage: Welche Informationen gehören zusammen?
Viele Informationen bekommen sie aus der Fachliteratur, mehrere Regalwände nimmt die eigene Bibliothek ein. Darin finden sich Geschichtslexika genauso wie Fachbücher darüber, wie man eine Ausstellung möglichst spannend gestaltet. Auch Kataloge anderer Ausstellungen liest das Team. „Sie sind Inspiration oder ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen möchte“, so Dr. Mölders.

Erste Ausstellungsideen werden in einem Skizzenbuch analog angerissen.

Teilweise werden maßstabsgerechte Modelle zu den einzelnen Ausstellungsstationen entworfen.

Mit einer speziellen Software werden die Ausstellungskonzepte in virtuellen Strängen dargestellt.

Jede Ausstellung ist ein Erlebnis
„Der Planungsprozess gliedert sich in drei Teile. Zuerst die Ideenfindung, dann die Feinplanung mit der Ausarbeitung der Inhalte und der Zusammenstellung der Exponate. In diesem Abschnitt entstehen bereits die ersten Grundrisszeichnungen. Zu jedem Element der Ausstellung werden dann nochmal Ausführungspläne erstellt. Der dritte Teil ist die Bauleitung mit Zeitplänen, Ablaufplänen und den Ausschreibungen. Jeder Teil hat seine Eigenheiten und jeder macht Spaß“, so Dowidat. An den Wänden hängen detaillierte Planungen, wann welche Aufgabe zu erledigen ist, wann welches Objekt aus anderen Museen angeliefert und abgeholt wird. Daneben gibt es technische Zeichnungen, nach denen die Schreinerei Vitrinen oder Podeste baut.
„Das Spannende an einer Ausstellung ist, dass die Informationen nicht linear wie in einem Buch dargestellt sind, sondern dreidimensional im Raum stehen. Wir wollen den Raum in Szene setzen, ein emotionales Erlebnis schaffen mit Objekten, Licht, vielleicht sogar Gerüchen“, so Dr. Mölders. Die Themensuche ist immer auch bestimmt von individuellen Vorlieben, aber auch von aktuellen gesellschaftlichen Fragen. „Manche Themen liegen in der Luft, so sind wir auf das Thema unserer nächsten Ausstellung zur Archäologie der Moderne gekommen. Außerdem wollen wir unseren Gästen Abwechslung bieten.

„Wir wollen den Raum in Szene setzen, ein emotionales Erlebnis schaffen mit Objekten, Licht, vielleicht sogar Gerüchen“, so Dr. Mölders.

Eine Reihe Plakatentwürfe zu der aktuellen Stonehenge-Ausstellung.

Ein Mitarbeiter katalogisiert Exponate aus England.

Von der Menschwerdung bis heute
Dass das Museum mit der Gesellschaft in Kontakt steht, zeigt sich auch daran, dass das Team die Bevölkerung verstärkt einbindet und zum Beispiel nach eigenen Ritualen fragen will. Denn im Museum geht es nicht nur um jahrhundertealte Dinge, die ausgegraben wurden, erläutert Dr. Mölders. „Wir wollen die Themen einer Ausstellung über die lange Entwicklungsstrecke zeigen, von der Menschwerdung bis zur Jetztzeit.“

Text: Nina-Maria Haupt     Fotos: Thomas Schmidt