Kunst & Kohle: Der Brite David Nash zeigt seine mit Feuer bearbeiteten Holzskulpturen

Zwei Mal Kohle – Sonderausstellungen internationaler Künstler

  • Land Art von David Nash in den Flottmann Hallen. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Kombination von Kohle und Industrie ist ein starkes Zeichen

„Die Verhüllung ist die spektakulärste Aktion von Kunst & Kohle“, weiß Professor Ferdinand Ullrich. „David Nash macht konventionelle Bildhauerei von internationalem Niveau. Das ist ein starkes Zeichen, diese Kombination von Industriehalle, Bergbaugeschichte und Nash“, findet der Koordinator der Gesamtaktion.

Kohlschwarz heben sich Nashs Skulpturen von der komplett weißen Halle ab. „Diese großen, raumgreifenden Arbeiten passen gut in die 600 Quadratmeter Ausstellungshalle. Wir haben überlegt: Welcher Künstler kann eine solche Halle füllen?“, erklärt Jutta Laurinat, die Ausstellungsleiterin der Flottmann-Hallen. Der waliser Künstler arbeitet viel mit Holz. Er baut eine Spannung auf zwischen der natürlichen Form des Materials und der künstlichen Form, in die er es bringt. Seine Skulpturen zeigen Maserungen und Risse des Holzes. Denn selbst wenn das Kunstwerk zu Ende bearbeitet ist, arbeitet das Holz weiter und fügt dem Werk eine unberechenbare Komponente hinzu.

Kohle ist widerstandsfähig

Der Künstler steht im Ruf, in langen Zeiträumen zu denken. So hat er Bäume angepflanzt, die er jahrelang zu einem gewachsenen Kunstwerk formte. Überhaupt spielt die Umformung bei Nash eine wesentliche Rolle: Aus Holz macht er Kohle, aus organischem Material eine mineralische Oberfläche. „Verkohlen ist ein Verfahren, um Oberflächen widerstandsfähiger gegen Befall zu machen“, erklärt Ullrich. Er sieht damit die Entstehung der Kohle dargestellt, ein Vorgang, der tief unter dem Ruhrgebiet über Jahrtausende stattfand. Damit passen die Arbeiten von Nash in das Programm Kunst & Kohle, das zum Ende der Kohleförderung in Deutschland zusammengestellt wurde. „Wir können stolz sein, Nash nach Herne geholt zu haben“, findet Ullrich. Ergänzt wird die Ausstellung durch einen Film über David Nash, der durchgehend in den Flottmann-Hallen zu sehen ist.

  • Land Art von David Nash in den Flottmann Hallen. ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

Künstler von der Dokumenta

Zur Eröffnung der Ausstellungen ist auch Ibrahim Mahama nach Herne gekommen. Der Künstler aus Ghana verhüllt Schloss Strünkede mit Jute-Säcken, in denen früher Kohle transportiert worden ist. Coal Market, Kohlenmarkt, heißt seine Installation. Ähnliche Arbeiten hat er bereits auf der Dokumenta in Kassel gezeigt. Aber auch in seinem Heimatland hat er bereits Dinge verhüllt, zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Marktfrauen.
„Die Säcke, die am Schloss hängen, haben ihre eigene Geschichte. Sie tragen einen Teil der Arbeit und der Schwierigkeiten der Menschen mit sich, die diese Säcke getragen haben“, erläutert der Künstler. Das Schloss findet er besonders interessant, weil sich die Fassade in der Gräfte spiegelt und von Natur umgeben ist. Dadurch entstehe ein besonderer Eindruck. Die scheckigen Säcke machen das Schloss seiner Meinung nach nicht hässlich: „Sie bilden einen Kontrast zu dem Schloss. Die Verhüllung ist eine Art der Abstraktion, die die Schönheit der Form des Gebäudes umso deutlicher hervorhebt.“
Fasziniert hat ihn vor allem das Material selbst, das eine Verbindung zur Geschichte seiner vorigen Besitzer und auch zur Geschichte der Industrie und Kohle insgesamt hat. „Der Charakter und die Aura, die die Jutesäcke haben, haben mich fasziniert. Ich wollte die einfachsten Dinge nehmen und sie als Ausgangspunkt nehmen. Sie tragen all die Arbeit und die Erfahrungen der Menschen in sich. Dieses Material hat etwas Poetisches.“

Irritieren und Perspektiven eröffnen

Dass manche Bürger die Verhüllung des Schlosses nicht gerne sehen, ist Mahama klar: „Menschen sind immer wieder unzufrieden, wenn ich etwas verhülle. Es ist überall das Gleiche: Man wacht eines Morgens auf und das Panorama hat sich verändert. Das irritiert, es eröffnet aber auch neue Perspektiven.“

Diskussionen erwünscht

„Es ist wichtig, zu Diskussionen anzuregen. Ich stelle mich diesen Diskussionen, vom Rentner bis zum Brautpaar“, verspricht Oliver Doetzer-Berweger, der Direktor des Emschertal-Museums. Eine häufige Befürchtung kann er schon einmal ausräumen: Die helle Fassade des Schlosses wird keinen Schaden nehmen. Denn die Farbe ist fest mit dem Putz versintert. Wenn die Jute abgenommen ist, werden spätestens nach ein oder zwei Regentagen alle Staubspuren abgewaschen sein und das Schloss gewohnt hell strahlen.

Nina-Maria Haupt