Den anderen Blick auf Herne

1. November 2014 | Gesellschaft Kultur

Gestartet ist das Projekt 2012 unter dem Titel "12 für zwanzig12 ", inzwischen gibt es also die vierte Auflage, die ab sofort unter Titel „12 für zwanzig15" bei verschiedenen Händlern zu haben ist. Wer sich nicht nur ein Exemplar sichern möchte – vielleicht als Weihnachtsgeschenk – sondern auch Kontakt zu den zwölf Hobbyfotografen sucht, hat dazu am ersten Adventswochenende während des Strünkeder Adventsmarkt die Gelegenheit. Dann ist die ganze Gruppe vor Ort, um die zwölf neuen Motive für das Jahr 2015 zu präsentieren. Auch Initiator Christian Brehm darf dabei natürlich nicht fehlen. Der VHS-Dozent für Fotografie war es schließlich, der schon 2010 die ersten Ideen für das Kalenderprojekt hatte. Schon damals kam bei ihm der Wunsch auf, gemeinsam mit verschiedenen VHS-Teilnehmern dieses ehrgeizige Vorhaben umzusetzen. Die zwölf Teilnehmer bilden dabei selber die Jury und entscheiden, welches Motiv der Kollegen es in den Kalender schafft. Erfreuen können sich Käufer dabei gleich doppelt: Sie erhalten nicht nur einen individuellen Blick auf Herne, sondern unterstützen mit dem Kalender sogar noch ein karitatives Projekt. Der Erlös aus dem vergangenen Jahr in Höhe von 2014 Euro ging an Schule am Schwalbenweg, davor war es das Lukas-Hospiz in Herne.

Weitere Infos über den Kalender und ein Porträt über Christian Brehm  finden sie hier:

http://vhs-kalender.de.tl/

Ulrich Saffran setzt U-Bahn-Station in Szene

Auch Ulrich Saffran freut sich darüber, im Kalender mit einem Motiv verewigt zu sein. So wie bereits bei der Aktion für das Jahr 2014. Diesmal hat der ambitionierte Hobbyfotograf einen Teil seines Arbeitsweges auf der Speicherkarte festgehalten. „Die U-Bahn hat bisher noch im Kalender gefehlt", verrät der 56-Jährige, der selber jeden Tag mit der U35 in Richtung Bochum unterwegs ist. Besonders der von Menschen verlassene Bahnsteig Berninghausstraße hat es dem Wanne-Eickeler angetan. Und anscheinend auch der Jury, die ja aus den elf anderen Fotografen-Kollegen besteht. Denn die Jury hat ein Motiv der Berninghausstraße in den Kalender gewählt. Zwei lange Tage hatte sich Saffran auf den Stationen zwischen Berninghausstraße und Schloss Strünkede auf die Lauer gelegt, um den passenden Moment für sein Foto zu erwischen. 120 Fotos sind so entstanden. „Ich hatte sogar extra eine Erlaubnis der Bogestra eingeholt, um fotografieren zu können", betont der Mann, der im öffentlichen Dienst tätig ist und dessen Herz vor allem für die Cranger Kirmes schlägt.

  • Ein Foto von Ulrich Saffran mit dem Titel "Unter Tage". ©Ulrich Saffran

Viele Fotos von der Cranger Kirmes

Vom Rummel auf Crange besitzt er unzählige Fotos. Hier lässt es sich vor allem im Dunkeln und mit langen Verschlusszeiten gut arbeiten. „Genau das finde ich interessant", verrät Saffran, der sich auch auf alten Zechen- und Industrieanlagen sehr wohl fühlt und seine Kamera dann kaum noch aus der Hand legen kann. Inzwischen will er die Vorzüge einer Digitalkamera nicht mehr missen, obwohl auch die analoge Welt ihre Reize hatte. „Damals war es spannender. Man musste abwarten, um zu sehen, wie die Ergebnisse aussehen, die man heute ja sofort auf dem Monitor sehen kann", betont der Hobbyfotograf, der bereits vor 35 Jahren seine große Leidenschaft zur Fotografie entdeckte. Fast ist es auch schon mehr als ein Hobby. Saffran hat erst zum Semesterstart in der Herner VHS einen Teil seiner Werke der Öffentlichkeit präsentiert, schon zuvor gab es einige andere Ausstellungen. Der 56-Jährig freut sich schon jetzt auf den Kalender für das Jahr 2016. Und warum? „Es ist spannend, wie die anderen ihre Stadt sehen und was die andere über die eigenen Werke sagen. Es freut sich aber auch vor allem auch, dass der Erlös Menschen zu gute kommt, die es nicht so gut haben."

 Bettina Lampeitl fängt die Morgenstimmung ein

Ähnlich äußert sich auch Bettina Lampeitl. Auch ihr ist es ein Anliegen, andere Menschen durch ihr Engagement zu unterstützen. Dabei gehört die 50-Jährige quasi zu den Gründungsmitgliedern der Aktion und war schon beim Auftakt „Zwölf für zwanzig12" mit von der Partie. Schon seit vielen Jahren ist die Mitarbeiterin der Stadt Herne mit der Kamera unterwegs. Regelmäßig war sie in der VHS Herne zu Gast und besuchte die Kurse von Dozent Christian Brehm – der Kontakt zur Kalenderaktion ergab sich da fast schon zwangsläufig. In eine gewisse Motiv-Schublande lässt sie sich allerdings nicht schieben: „Ich habe keine Lieblingsmotive, aber ich fotografiere gerne im Freien", gesteht Bettina Lampeitl. Gerne geraten dann auch schon mal Tiere in den Fokus. Zuletzt bei einem Besuch in der Zoom-Erlebniswelt in Gelsenkirchen. „Da habe ich gleich sieben Stunden verbracht." In ihrem Element war sie auch bei einem Besuch der Miniaturerlebniswelt in Hamburg. „Denn es sind oft die Kleinigkeiten, die ein Foto interessant machen. Ich mag den Blick für Details", sagt die Hobbyfotografin, die für ein gutes Motiv auch ein paar nasse Schuhe in Kauf nimmt. So wie beim Foto, dass die Jury für den Kalender 2015 ausgewählt hat. Es entstand im 6 Uhr in der Früh im Sportpark Wanne-Süd als sie die morgendliche Stimmung mit den ersten Sonnenstrahlen und dem Tau auf den Blättern mit ihrer Kamera festhielt. Aber auch Industrieanlagen haben es ihr angetan. Bei den Kalendermotiven für 2012 und 2013 wurde sie an der Künstlerzeche Unser-Fritz fündig.

Praesentation Die zwölf Künstler mit ihrem jeweiligen Fotomotiv in den Händen.

Isabel Krisch-Wemper ist ein echter Profi

Auch Isabel Krisch-Wemper nimmt gerne die industriellen Relikte aus der Vergangenheit ins Visier, dabei ist die 48-Jährige gar nicht mit Zechen aufgewachsen. Sie stammt gebürtig aus Bielefeld und hatte natürlich auch die klassischen Klischees im Gepäck. Schnell stellte sie aber fest: „Das Ruhrgebiet ist viel grüner als man denkt." Isabel Krisch-Wemper darf im Gegensatz zu ihren elf Mitstreitern des Kalenderprojekts allerdings nicht als Hobbyfotografin bezeichnet werden. Denn sie machte ihre große Leidenschaft zum Beruf. Werke ihrer Diplomarbeit entstanden zum Beispiel in der Kleingartenanlage an der Wilhelmstraße. Nicht weit davon entfernt, ging sie auch für die aktuelle Kalenderproduktion auf die Pirsch. Auf der inzwischen zugänglichen Plutohalde wurde sie fündig und setzte dort die neue Aussichtsplattform gekonnt in Szene. „Ein Teil der Plattform erinnert mich irgendwie an ein Ufo", betont die 48-Jährige.

Plutohalde wird zur Punktlandung

Daher trägt das Kalenderblatt für den Monat August auch den Namen Punktlandung. Mit Punkten, Formen, Farben und Strukturen kennt sie sich bestens aus. Genau diese Themen sind es, die sie auch anderen Menschen näher bringt. Denn wie Christian Brehm, ist auch Isabel Krisch-Wemper als VHS-Dozentin in Herne tätig. So ist auch der Kontakt zum Projekt entstanden. Von der ausgebildeten Fotografin wollen die anderen elf Kalander-Kollegen doch sicherlich immer viele Tipps bekommen? „Eigentlich nicht, gerade was die Digitaltechnik angeht, sind andere viel besser aufgestellt als ich. Ich gehöre noch zur alten Schule", erinnert sich die Frau aus Ostwestfalen an unzählige Stunden in der Dunkelkammer. Inzwischen fühlt sie sich aber auch in der digitalen Welt wohl, genau wie in Wanne-Eickel. Manchmal vermisst sie allerdings schon etwas: „Den Teutoburger Wald." Gegen so viel Grün und Natur hat es auch die Plutohalde schwer – trotz Punktladung.