Schleusenwärter von Wanne-Eickel

Wanne hat Oberwasser

31. Mai 2014 | Gesellschaft Wirtschaft

Das riesige Binnenschiff aus Holland hat die Schleusenkammer kaum erreicht, da schließen sich bereits die beiden tonnenschweren Flügel des Stemmtores. Mit einer einfachen Tastenkombination an seinem Schaltpult setzt Schleusenwärter Reiner Blazejczak die Wassermassen im Rhein-Herne-Kanal in Bewegung. Knapp 20.000 Kubikmeter Wasser strömen jetzt durch die so genannten Längslaufverschlüsse in die Kammer und heben das Schiff vom Unter- ins Oberwasser.

  • Hat alles im Blick: Reiner Blazejczak ©Thomas Schmidt, Stadt Herne

20.000 Kubikmeter ist eine beachtliche Zahl. Umgerechnet sind das rund 100.000 befüllte Badewannen, die für den Niveauausgleich sorgen. „Der Höhenunterschied beträgt an der Schleuse Wanne-Eickel 8,40 Meter“, verrät Blazejczak, der im 1994 erbauten Tower als Schichtleiter fungiert und wie vier weitere Kollegen für das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg-Meiderich arbeitet. Schon mit dem bloßen Auge ist zu erkennen, wie sich der schwere Frachter Zentimeter für Zentimeter langsam nach oben bewegt. Keine Viertelstunde später sieht der Kapitän bereits die grüne Ampel aufleuchten, die ihn zur Weiterfahrt auffordert. Die Schleusung des Holländers ist mit seiner Schrottladung und einer Gesamtlänge von 90 Metern schnell erledigt.

Länger hätte es gedauert, wenn zwei dieser Schiffe nacheinander die Kammer gefahren wären. „Auch das wäre kein Problem“, betont der 63-jährige Schleusenwärter und fügt hinzu: „Die Schleuse hat eine Länge von insgesamt 190 Metern, da passen auch noch Koppelverbände rein, die es auf 186,5 Meter bringen.“

Kapitäne melden sich per Funk

So ein Riese des Rhein-Herne-Kanals ist allerdings an diesem Morgen nicht in Sicht und hat sich auch noch nicht angekündigt. Denn bevor der Schleusenwärter seine Kundschaft auf der Wasserstraße sieht, melden sich die Kapitäne per Funk an. Mit gutem Grund: Jeder „Passagier“ der Schleusenkammer wird in einem Logbuch dokumentiert. Wie oft der gelernte Maschinenschlosser schon mit der ankommenden Besatzung gesprochen hat, lässt sich kaum erahnen. Seit 1979 hat der heutige Betriebsstellenleiter in Wanne-Eickel die Verantwortung für den reibungslosen Schiffsverkehr, wie übrigens auch zuvor schon in Essen-Dellwig. Als vor 35 Jahren der Wechsel nach Wanne-Eickel erfolgte, sah der Arbeitstag noch etwas anders aus. „Da gab es den Turm noch nicht.

An der alten Schleusenanlage, die mit ihrem Hubtor ja noch zu sehen ist, gab es zwei kleine Schleusenwärter-Häuschen.

  • Schleusenwärter Reiner Blazejczak hat fast sein ganzes Leben an der Schleuse verbracht. © Thomas Schmidt, Stadt Herne

40 bis 50 Schiffe täglich

Eins am Ober-, eins am Unterwasser, da ist man dann bei jedem Schleusengang immer hin und her gelaufen.“ Heute ist es im Tower etwas bequemer. Am Schaltpult befindet sich ein Monitor, der gleich vier verschiedene Kameraeinstellungen zeigt. Zum Teil sind sie sogar so am Ufer ausgerichtet, dass sie die großen Transportkähne schon zeigen, obwohl sie um eine lange Kurve kommend noch gar nicht auf dem Wasser zu sehen sind. 40 bis 50 solcher Schiffe nutzen noch heute täglich den Rhein-Herne-Kanal. Damit ist klar, die beliebte Wasserstraße wird auch 100 Jahre nach der Eröffnung noch lange nicht in Rente geschickt. Bei Reiner Blazejczak ist das anders: Er wird noch in diesem Jahr zum letzten mal seine „20.000-Kubikmeter-Badewanne“ füllen.

Autor: Michael Paternoga

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