Porträt

Vom Revoluzzer-Lehrer zum Grafik-Designer

24. Juli 2015 | Gesellschaft Kultur

Fortschrittliche Didaktik

Glebsattel hatte die Schwierigkeiten vorausgeahnt, als der Oberstudiendirektor ihm vorschwärmte: "Mein Sohn kann gut malen." Schließlich setzte er auf fortschrittliche Didaktik und nicht auf konventionelle Vorstellungen des Abmalens. Er wollte die Schüler über Strukturen und Farben den Zugang zur Kunst vermitteln. "Die Schulleitung meinte: Das sind doch Kinder, die müssen lernen, Segelschiffchen zu zeichnen." Die Eltern von 800 Schülern gingen für Glebsattel auf die Barrikaden. Brachte alles nichts, Der Kunstlehrer verließ die Schule und hängte den Lehrerberuf an den Nagel.

Siehe auch: Spagat zwischen Elite und Autodidakten

Schon als Kind hatte er ein Faible für Kunst. "Wenn in der Schule große Wandbilder an die Tafel zu malen waren, musste der Reiner ran“, erinnert Glebsattel sich. Nach der Schule suchte er sich einen künstlerischen Beruf und ließ sich zum Schaufenstergestalter ausbilden. Die Grundlagen der Ausbildung wiederum konnte er gut für das anschließende Studium als Grafik-Designer verwerten.

  • Reiner Glebsattel: Vom Revoluzzer-Lehrer zum Grafik-Designer © Frank Dieper, Stadt Herne

Grafik für die Zahnmedizin

Nach dem konfliktreichen Jahr am Pestalozzi-Gymnasium war er hinfort als freiberuflicher Grafik-Designer in der freien Wirtschaft tätig. So wertete er Röntgenaufnahmen in einem zahnärztlichen Fachverlag zeichnerisch aus. Er illustrierte Beiträge mit Tusche und Farbstiften, bis er wahrnahm, dass die Kollegen längst mit Hilfe des Computers solche Vorlagen herstellten. Nebenher war er in der Werbung aktiv.

Ein kleines Paradies

"Von der Zahnmedizin konnte ich gut leben", gesteht er. Der Besucher braucht dafür keine weitere Bestätigung, wenn er sich den Künstler besucht. Reiner Glebsattels Anwesen ist ein kleines Paradies. Ein Gebäude mit dem Zuschnitt einer Villa, umgeben von üppigem Pflanzenbewuchs und einzelnen kleinen Terassen. Glebsattel gesteht, dass nicht allein sein grafisches Können und seine künstlerische Kompetenz ihm diese erstaunliche Immobilie ermöglichte. „Das ist ja meistens so, dass Künstler sich eine Beamtin heiraten, damit sie gut abgesichert sind", schmunzelt er.

Text: Horst Martens

Fotos: Frank Dieper